Drei Jahre nach dem letzten Albumrelease meldet sich
das Dreamteam Macklemore & Ryan Lewis mit einem
Monster-Independent-Werk zurück, dass es direkt auf Platz 2 derUS-Billboard-Charts schaffte und tagelang Nummer 1 der US-iTunes-Downloads war. Und das in kompletter Eigenarbeit, mit einem
kleinen Team von vier Leuten (inklusive Künstler). Ohne großes
Label(-geld) im Rücken einen weltweiten Export
der exklusiv über macklemore.com bestellbaren Deluxeversion zu
vollziehen und wie nebenbei, als sei es das Selbstverständlichste
auf der Welt, führt man halt noch eine Welttournee durch, die
größtenteils ausverkauft war – auch die zwei Konzerte in
Deutschland.
Kann bei einem solchen Multitasking und bei einem
solchen Aufwand die Kunst eigentlich irgendwie nicht auf der Strecke
bleiben? Droht das Album dadurch nicht an zweite Stelle der Arbeit zu
geraten und dadurch in die musikalische Bedeutungslosigkeit
abzudriften?
Wer diese Fragen ernsthaft stellt, kennt entweder die
Fähigkeiten der beiden gar nicht oder unterschätzt sie komplett.
Ryan Lewis‘ Beats sind ebenso simpel wie
hitverdächtig und eingängig. Doch trotzdem kommen die
metaphergeschwängerten Texte eines Macklemores und seiner
zahlreichen Feature-Gäste einwandfrei zur Geltung.
Scheinbar gehen
ihm nie die Themen aus, auch wenn hier wieder seine ehemalige
Drogensucht eine große Rolle spielt. Doch das vollzieht u.a. auf
Neon Cathedral so fantastisch, dass sich hier eventuell ein
Nachfolger für Otherside gefunden haben könnte. Sofern man bei solchen Meisterwerken überhaupt von Nachfolgern sprechen kann, als ob ein Track jemals exakt die selben Emotionen wie ein anderer hervorrufen könnte.
Klar. Letzten Endes ist es nicht das gleiche Thema, es geht nur in eine ähnliche Richtung. Die Kneipen mit ihrer Neonwerbung sind die neuen Kirchen, riesige "Neonkathedralen", in denen Leute ihre Erlösung von Alltagssorgen suchen und im Alkohol kurzzeitig finden. Es geht insofern in die gleiche Richtung wie Otherside, als dass es ähnlich wie der Track von der VS. EP Drogenkonsum im allgemeinen in ein kritisches Licht rückt. Großartig verpackt.
Bartender, please give me a confession
Exchange fear for courage in the form of a well drink
Doch auch komplett
neue Themen spielen eine Rolle. Ein Statement für die anfangs
angesprochene Independent-Produktion des Albums liefert er mit Jimmy
Iovine (Jimmy Iovine gründete das Label Interscope und gilt als
Entdecker einiger Größen im Hip Hop, weshalb er hier als Symbol für
den Majorlabel-Hip-Hop herhalten muss) ab, bei dem es sich um einen
Schlag in‘s Gesicht aller Majorlabels handelt. Die Gagen, die ihm
geboten wurden, waren ihm für seine Kunst einfach nicht angemessen
genug.
Along with the third of the money you make when you’re out doing your showUnd diese Kunst ist es wert. Ja sie verdient es angemessen entlohnt zu werden. So viele Liebe. Liebe zur Musik zu kleinen Details. Oft wirkt jede Textzeile wie 100 mal auf die Goldwaage gelegt. Und doch scheint er vielmehr durch sein Herz zu reden, um die Gedanken seiner Hörer anzuregen. Um eventuell bei dem ein oder anderen einen, sein Leben ändernden, Gedankengang anzustoßen
Manager gets 20, booking agent gets 10
So shit, after taxes you and Ryan have 7%?
Just split
Es ist trotz alledem auch ein insgesamt sehr persönliches und wie schon von ihm ein stark selbstreflektierendes und selbstkritisches Album, wenn er auf Thin Line darüber rappt, dass eine Beziehung
unter seinem Künstlerleben leidet, dann ist das wieder einmal einfach
nur schön und zeugt auch von einer gewissen Stärke und Selbsterkenntnis.
Dennoch ist das Album keineswegs nur melancholisch
oder düster. Tracks wie White Walls sind erstens eine Ode an die
amerikanische Autoindustrie (insbesondere eine bestimmte Marke), und
zweiten wieder mit einer wunderbaren Ohrwurmhook versehen. Das macht
richtig Spaß damit im Ohr über nächtliche Straßen zu gleiten –
auch ohne Cadillac.
Und auch sein Alter Ego Raven Bowie sorgt für Abwechslung (nur für die Deluxeversion). Ein Track wie Castle macht einfach nur Lust auf eine Party mit Einhörner und Zauberer and shit.
UnicoExplainrns and wizard sleevesErwähnenswert, weil für ein Rapalbum ungewöhnlich, ist der Instrumentaltrack Bombom, bei dem Ryan Lewis seine Producerfertigkeiten darlegt und das auf eine verspielte Art und Weise, so dass auch der nicht langweilig wird.
Hammer pants and make believe
Pirate ships sailing off to sea
Well you can party with me in my
Castle, in my castle, in my castle, in my castle
Für mich auf jeden Fall das Album des Jahres bisher und ich wüsste nicht, welches Release das hier noch toppen könnte. Viele schon bekannte Songs, viele andere Highlights. Oft leicht poppig angehauchte Hooks, aber niemals belanglos oder langweilig und auf gar keinen Fall musikalisch minderwertig. Und mit einer Stunde und zehn Minuten Laufzeit auch quantitativ nicht zu verachten. 3 Jahre der Machzeit hört und fühlt man mit jedem Lied.
Danke, Macklemore.
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