Sonntag, 14. Oktober 2012

Groove Me

Ja, ich geb's zu. Ich hab das Release voll verschlafen. Ist im Prinzip eine Riesensünde, wo ich immer versuche auf dem neusten Stand zu bleiben, aber passiert. Deshalb jetzt mit ordentlicher Verspätung ein paar Worte zu Seeed von - ja offensichtlich - Seeed.





Im Vorfeld muss aber noch folgendes gesagt werden:
 


Bei einer solchen Karriere, bei solch grandiosen Vorgängeralben sind die Ansprüche an neue Releases immer hochgesetzt. Und vor allem die Fans wünschen sich so häufig, dass der alte Sound erhalten bleibt. Zu groß ist die Angst, die eigene Lieblingsband könne in die musikalische Banalität abdriften, sich an den sogenannten und viel verachteten Mainstream haften. Ist mir jetzt im Vorfeld des Albums, vor allem nach Veröffentlichung der ersten Single (in diesem Jahr) Beautiful, wieder verstärkt aufgefallen, dass der neue Sound scharf kritisiert wird. Dieser so wundervolle Big Band-Sound der einen absolut grandiosen Groove in sich birgt (ja, da spricht das passionierte Big Band-Mitglied). Aber scheinbar gibt es doch tatsächlich Leute, denen dieser Sound nicht zusagt und die lieber wieder die alten New Dubby-Zeiten haben wollten. Das ist ihr gutes Recht und ich will ihnen das auf keinen Fall nehmen. Deshalb nur als Anmerkung. Alles was ich hier zu Alben schreibe, ist mein persönlicher Geschmack und der ist durch unterschiedlichste Faktoren (wie mein eigene Ensemble-Tätigkeit etc.) beeinflusst. Ich kann mich auf keinen Fall davon freimachen, dass ich hier komplett subjektiv schreibe.
Außerdem sind durchaus auch richtig schicke Dub-Riddims auf diesem mit 12 Tracks doch recht kurzen Album vertreten.

Jetzt aber auf zum eigentlichen Teil.


Was beim ersten Durchhören direkt auffällt sind die verstärkt eingesetzten Bläser. Doch wird gar nicht, wie im Vorfeld vermutet, auf die wundervollen Reggae-Riddims verzichtet, sondern beides unheimlich geschickt kombiniert. Dadurch entsteht eine interessante neue Mischung von Sound, die immer noch eindeutig "Seeed" ist, aber dennoch nicht wie eine eindeutige Kopie früherer Alben wirkt.
Der erste Track ist zunächst einmal sowieso schon bekannt und außerdem ist Beautiful ein absolut stimmiges und passendes Intro, denn es verkörpert genau diese Synthese aus elektronischen Dub-Sounds und einem tollen Bläserarrangement. Ganz abgesehen davon, dass es meiner Meinung nach ein ziemlicher Ohrwurm ist und macht damit einfach richtig Lust auf diese scheinbar "neuen" Seeed. 

Trackliste:

1. Beautiful  3:28
2. Deine Zeit 3:45
3. Feel For You 3:44
4. Augenbling 3:24
5. You & I 3:47
6. Waste My Time 2:47
7.  Seeeds Haus 3:29
8. Elephants 2:19
9. Lovelee 4:06
10. Wonderful Life 3:30
11. Molotov 2:26
12. Beautiful (Reprise) 1:47


Wie sich dieser Sound entwickelt haben könnte, lässt sich beim Blick auf die Solokarrieren von Enuff, Eased und Ear erahnen. Thematiken (Deine Zeit), Texte (You & I) und zum Teil Rapstil (Augenbling) lassen sich durchaus in Ansätzen mit dem grandiosen und zurecht hochgelobten Stadtaffe vergleichen. Der basslastige Sound ist natürlich sowieso Seeed-typisch, kommt aber auch vor allem bei Boundzounds gleichnamigen Release zum Tragen. Während Dellé bei seinem Release Before I Grow Old unter anderem auch diese fetzigen Bläser einsetzt.
Zusammen ergibt das eine Band, die von der Entwicklung ihrer einzelnen Charaktere lebt und durch deren musikalischer Diversität aufblüht und sich fulminant zurückmeldet.


Allerdings stellt das auch die größte Schwäche des Albums heraus, denn auch die Solokünstler haben sich von ihrer vorherigen, gemeinsamen Bandkarriere beeinflussen lassen und so ist diese Mischung der unterschiedlichen Charaktere nichts wirklich neues. Das neue Album ist im Prinzip eine Weiterentwicklung der Klänge der vorhergehenden Alben, auf dem teilweise eben einige Einflüsse der Frontmänner etwas stärker zu hören sind.
Nichtsdestotrotz macht das wieder einmal richtig Spaß und sie zeigen mit Seeed auch, dass sie musikalisch einfach fit sind, denn sowohl das gitarrengetriebene Molotov, als auch das einfühlsame, sich entfaltende Lovelee, oder auch das extrem cool, basslastige Elephants könnten unterschiedlicher nicht sein, aber alle machen halt schon richtig Spaß. Eine Rückversicherung auf die eigenen Talente. Back 2 The Roots eben, obwohl sie da nie weg sind. Einfach Seeed, boom.








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